Ein historischer Tag?
Vor ein paar Tagen habe ich den Online-Hotel-Kongress in Wiesbaden besucht. Viele interessante Vorträge und Gespräche durfte ich miterleben, auch ich habe dort einen Vortrag gehalten: „Aufbau eine Marke durch Corporate Video am Beispiel des prizeotel“. Die Präsentation war sicherlich interessant, das was in meinen Augen aber wirklich interessant und revolutionär war, war die Diskussion am Nachmittag mit den Herren von Rate Tiger, TrustYou, hotellerie suisse, hrs.com und Unister/hotelreservierung.de.
Ich bin mir nicht sicher, ob die Teilnehmer im Saal sich bewusst waren, was da passiert ist und an welchem bedeutsamen Tag für die Hotellerie sie teilnahmen. Daher fasse ich das noch einmal kurz zusammen.
Es ging unter anderem um Retail- und Merchantmodelle. Momentan ist es ja so, dass die Ratenparität gilt. Alle Portale haben die gleichen Möglichkeiten, ein Hotel zu verkaufen. Es soll keinen Wettbewerbsvorteil für den jeweiligen Mitbewerber geben. Diejenigen, die schon länger im Hotelverkauf sind, wissen, dass diese Ratenparität ursprünglich vor ungefähr neun Jahren von der Hotellerie im Rahmen einer BAR-(Best Available Rate) und LNF (look no further)-Strategie eingeführt wurde. Der Grund dafür war wie so oft der Servicegedanke, der im Mittelpunkt stand. Der Gast sollte sich sicher sein, dass er immer die gleiche Rate bekommt, egal auf welchem Portal er sucht oder bucht.
Diese Strategie hatte etwas mit Vertrauen in Ratenstruktur der Hotellerie und deren Partner zu tun. Insgeheim hoffte man sicherlich, dass der Kunde aufhört nach einen Schnäppchen zu suchen und über die hoteleigene Website bucht, um somit den Anteil der kostengünstigen Buchungen zu erhöhen.
Die Entwicklung ging allerdings rasant in eine andere Richtung. Der Online-Markt wächst und wächst:
Immer mehr Anbieter sind auf den Markt gekommen, Unister, booking.com, eine ganze Reihe von Bewertungsportalen, die es vor neun Jahren noch gar nicht gab.
Dazu sind auch immer mehr Affiliate-Partner gekommen, die alle das Ziel haben, die potentiellen Gäste der Hotellerie auf ihre Seite zu lenken, damit Traffic im Internet zu generieren und die Buchung darüber zu platzieren. Nicht zuletzt hat sich auch die Internetsuchmaschine Google in den vergangenen Jahren enorm entwickelt. Alle Portale buhlen hier um die Top Positionen. Das kostet natürlich Geld, aber Onlinemarketing, speziell SEM, können sich kleinere Hotels schon lange nicht mehr leisten. Schlimmer noch: Durch die immer weiter steigenden Provisionen bei den verschiedenen Retail- und Merchantmodellen finanziert die Hotellerie den anderen eine bessere Vermarktung, als sich selbst.
So ist es kein Wunder, das jüngst hrs.de den Preis für die drittbeste Hotelgesellschaft in Deutschland gewonnen hat. Der Bekanntheitsgrad von Hotelmarken im Verhältnis dazu ist verschwindend gering.
Vergleichen wir diese Fülle von neuen Anbietern im Internet mit den Entwicklungen beim Mobilfunkbereich. Die Telefonate und Kosten für SMS oder Internetflatrates werden immer günstiger, eben weil es mehr Anbieter auf dem Markt gibt. Weil die Erhöhung der Distributionskosten auch der Erhöhung von zum Beispiel Energiepreisen ähnelt, veranschaulicht dieses Video das Dilemma sehr gut:
Genau umgekehrt ist es bei den Distributionskosten für Hotels. Dieser Kostenblock wird trotz immer mehr Anbietern immer größer und ist mittlerweile nach Personal und den Nebenkosten einer der größten im Hotelbereich.
Zurück zum Online Hotel Kongress in Wiesbaden. Ein Ansprechpartner von Unister sagte sinngemäß folgendes: Wenn der Gast ein Zimmer z.B. bei uns im prizeotel bucht, fällt am Ende nicht nur die Provision vom Hotel für Unister an, sondern er bezahlt generell fünf Euro mehr für den Zimmerpreis. Das bedeutet natürlich, dass der Gast von der Ratenparität nicht mehr profitieren kann. Er bezahlt also mehr, als wenn er das gleiche Zimmer beispielsweise über hrs.de oder andere OTA’s buchen würde.
Die Meinung des Unister-Ansprechpartners war dazu allerdings, dass es dem Gast völlig egal wäre. Er entscheide sich sowieso für den Kanal, der für ihn am komfortabelsten ist. Und wenn ihn das mehr koste, dann wäre er gerne bereit, das zu bezahlen.
Sehr interessante Aussage, finde ich. Im Umkehrschluss heisst das doch:
Wir Hoteliers sollten gar keine Provisionen mehr zahlen! Die Portale können doch selber aufschlagen, was es ihnen wert ist, bzw. was sie benötigen! Denn die Aussage von Unister zum Aufschlag war: „Die Kommission ist zu gering für uns, daher müssen wir noch fünf Euro aufschlagen“ (klar, um SEM zu machen und die Hotels zu verdängen).
Es könnte ein Wettbewerb zwischen den verschiedenen Modellen geben. Welches ist das komfortabelste Portal? Das Hotel kann selbst entscheiden, welche Rate es auf welcher Plattform anbietet und ob überhaupt. Der Gast kann entscheiden: Buche ich über die “komfortablen” Portale oder entscheide ich mich für den günstigsten Preis auf der Homepage des Hotels?
Die Ratenparität wurde damals beschlossen, damit die User im Internet immer die gleichen Voraussetzungen haben. Jetzt, neun Jahre später, geht es gar nicht mehr darum. Vielmehr – so die Aussage von Unister – wollen die Gäste nicht mehr den günstigsten Preis, sondern das bequemste Buchungsportal.
Liebe Hoteliers, denkt da mal kurz drüber nach. Vielleicht ist diese Aussage des Unister-Ansprechpartners eine historische gewesen? Die Diskussionen sind hiermit eröffnet. Es ist sicherlich noch ein langer Weg zur Nullprovision, ein erster Schritt sollte jetzt sein, die Ratenparität abzuschaffen, denn es kann nicht sein :
– das jeder noch so kleine Anbieter die gleiche Provision verlangt wie alle anderen auch.
– das Merchant- und Retailmodelle unterschiedlich behandelt werden, buhlen sie doch alle um jeden Gast, vor allem online. Und warum sollte ich als Hotelier für einen Gast mehr bezahlen, der über ein Merchant-Model gebucht wird, als über einen der über ein Retailmodel gebucht wird?
Grade A stuff. I’m unquesitobnaly in your debt.
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