Generation Weichei?
Generation Weichei? – 3 Gründe, warum die Generation Y eine Chance für die Hotellerie ist
Faul, überbehütet, verwöhnt, ich-bezogen – das sind einiger der Attribute, die die Älteren der vieldiskutierten und vielkritisierten Generation Y zuschreiben. „Alles Weicheier!“ meckern die einen, „Mit so einer Einstellung wären wir früher nicht weit gekommen!“ zetern die anderen. Ich, übrigens der Generation Babyboomer entsprungen, beteilige mich an diesem Gemecker nicht. Denn: Ich bewundere die Generation Y – aus genau drei Gründen.
Grund 1: Sie darf sich selbstverwirklichen
Ich bewundere die Generation Y dafür, dass sie nach dem Why, dem Warum fragt. Das ewige Streben nach Wachstum und dem perfekten Lebenslauf – soll das der Sinn des Lebens sein? Sollten wir nicht ein bisschen bewusster mit unserer Lebenszeit umgehen? Diese Fragen haben sich die früheren Generationen wahrscheinlich eher selten gestellt. Die Generation Y hingegen beschäftigt sich mit ihren Bedürfnissen, ihren Lebensmotiven. Immer mehr junge Menschen kommen zu mir ins Coaching und fragen nach dem Reiss Profile®, der Lebensmotivanalyse nach Steven Reiss. Sie wollen wissen, wer sie sind, was sie ausmacht und wie sie ihr Leben nach ihren individuellen Bedürfnissen ausrichten können. Sie wollen glücklich sein und sich selbstverwirklichen. Ein Wunsch, den die vorangegangenen Generationen nicht ganz oben auf ihrer Wunschliste haben. In der nachfolgenden Bedürfnispyramide – angelehnt an die des US-amerikanischen Psychologen Abraham Maslow – habe ich festgehalten, welche Bedürfnisse Mitarbeiter heutzutage antreiben.
Im Hinblick auf die Generationen denke ich, dass die Bedürfnisse in jeder Generation die gleichen sind, die vorherigen Generationen aber dafür sorgen, dass die nachfolgenden ihre Bedürfnisse anders ausleben können. So haben die Boomer und die Menschen der Generation X die Basis dafür gelegt, dass die Grundbedürfnisse (physiologische Bedürfnisse) der Generation Millennials (=Y) bereits gestillt sind. Deshalb strebt die neue Generation eben jetzt die nächst höheren Werte in der Bedürfnispyramide an – mit großem Fokus auf die Work-Life-Balance und Selbstverwirklichung. Die Motive stehen also fest, der Umgang mit ihnen hingegen ist von Generation zu Generation unterschiedlich. Mit anderen Worten: Jede Generation ist das Produkt ihrer Erziehung, der Lebensumstände, der Herausforderungen, die ältere Generationen ihr hinterlassen haben und der persönlichen und beruflichen Erlebnisse, die sie im Laufe ihres Lebens macht.
Grund 2: Die Welt steht ihnen offen
Ich bewundere die Generation Y dafür, dass sie ihre Augen so offen hat. Dafür, dass sie schon in jungen Jahren die Erfahrungen sammelt, die vielen von uns in ihrem Alter verwehrt blieben. Auslandsstudium, Weiterbildungen, Praktika auf der ganzen Welt – die junge Generation hat eine Vielzahl an Möglichkeiten, sich und ihre Fähigkeiten weiterzuentwickeln. Ich bewundere sie dafür, dass sie mutig sein kann und darf. Während ich mich damals nach meiner Ausbildung schon selbst finanziert und auch deshalb nicht getraut habe, ins Ausland zu gehen, reisen die jungen Menschen heute wie selbstverständlich um die ganze Welt und erweitern so ihren Horizont. Oft „sponsored by Mama und Papa“ – schließlich sollen es die Kinder ja mal besser haben. Das ist auch gut so!
Grund 3: Work-Life-Balance ist für sie kein Fremdwort
„Es gibt noch mehr im Leben als Arbeit, Arbeit, Arbeit. “ Diese Erkenntnis hatte die Generation Y viel früher als wir und ist uns damit – wie ich finde – einen entscheidenden Schritt voraus. Wenn im Gespräch mit den jungen Nachwuchskräften Sätze fallen wie „So wie unsere Eltern wollen wir nicht werden, denn die sind ja nicht so glücklich“, dann wird mir das immer bewusster. Während unsere Generation „Arbeitet – Denkt – Arbeitet“ und die Arbeit der Sinn ist und war, ist es bei der Generation Y genau andersherum. Sie „Denkt – Arbeitet – Denkt“ und sucht nach dem Sinn der Arbeit. Eine Balance herstellen zwischen Leben und Arbeit? Für uns undenkbar. Die Vokabel „Work-Life-Balance“ gab es als junge Auszubildende in unserem Wortschatz nicht. Ich bin überhaupt nicht darauf gekommen, nach einer wie auch immer gearteten Balance zu streben. „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“ – das war eher das Credo meiner Generation. Heute gehört Work-Life-Balance selbstverständlich mit dazu und das Credo dieser Generation lautet: „Gerne Arbeit, aber bitte mit Vergnügen.“
Generationenkonflikte sind notwendig
Unverständnis zwischen den Generationen gab es schon immer. So zitiere ich Sokrates zur Erheiterung vieler Hotelfachschüler besonders gerne:
„Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität. Sie widersprechen ihren Eltern, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.“ (Sokrates, 469 – 399 v. Chr.)
Ich bin der Überzeugung, dass diese Reibung wichtig ist für die Weiterentwicklung der Menschen. Keine Generation war und ist besser oder schlechter als die anderen. Ob in der Kriegsgeneration der Matures (1933-1945), bei den Babyboomern (1946-1964) oder den Generationen X (1964-1976), Y (1977-1998) oder Z (ab 1999) – es gab und gibt in jeder Generation Fleißige und Faule, Gute und Schlechte. Deshalb sollte man das Pauschalisieren tunlichst vermeiden. Stattdessen sollten wir gemeinsam überlegen, was wir – als Führungskräfte zum Beispiel – von jeder einzelnen Generation lernen können. Denn letztlich haben wir doch alle etwas gemeinsam: Wir alle mussten uns irgendwann verändern und uns an die nachfolgende Generation anpassen. Veränderung ist, wie ich finde, eine großartige Chance.
Meckern ist ein Symptom der Angst
Ich denke, die alten Hasen haben Angst. Angst vor der Veränderung, die die neue Generation mit sich bringt: neue Technologien, die in immensem Tempo voranschreiten, die Forderung nach neuen Führungsstrategien, eine neue mediale Welt, der Wunsch nach neuen Arbeitsmodellen. Ich bin überzeugt, dass all das Gemecker über diese Generation eigentlich nur ein Symptom ist: ein Symptom des Schmerzes, den die Veränderung in den älteren Generationen auslöst. Ein Symptom der Sehnsucht danach, dass alles so bleibt wie es ist. Doch das, was die Hotellerie in diesen Zeiten braucht, ist die Veränderung.
Wir brauchen die Generation Y
Liebe Hoteliers und Personalchefs: Anstatt über die Generation Y zu meckern, versucht sie lieber mit all ihren Fähigkeiten und Stärken zu nutzen. Wir brauchen die jungen Leute für die vielen Dinge, die wir älteren nicht können: um neue Technologien anzuwenden, um auf die Kundenwünsche der neuen Generation eingehen zu können. Für die Hotellerie ist die Generation Y eine riesige Chance, denn sie ist der Innovationsmotor überhaupt. Und den sollten wir am Laufen halten, anstatt ihn bei voller Fahrt abzuwürgen. Gebt den jungen Menschen die Gelegenheit, zu leisten und sich zu engagieren. Denn nur mit Hilfe dieser neuen Generation sind wir in der Lage, die Herausforderungen der Zukunft zu lösen.