„Setzen, sechs!“ – Ein emeritierter Professor schießt am Beispiel der Mehrwertsteuer für Übernachtungen am Thema vorbei

Anscheinend wissen manche Leute in Deutschland nicht, was sie mit ihrer Zeit anfangen sollen und überlegen sich, wie sie doch öffentlichkeitswirksam irgendwelche mediale Aufmerksamkeit erzielen können. Der emeritierte Prof. Dr. Dr. Franz W. Wagner der Universitäten Tübingen und Wien scheint einer davon zu sein. Anders ist es mir nicht zu erklären, dass er im Rahmen des Arbeitskreis „Quantitative Steuerlehre – Quantitative Research in Taxation“ ein Diskussionspapier auf Basis einer empirischen Studie der Preispolitik des deutschen Hotelgewerbes erarbeiten lässt. Nachzulesen im übrigen hier.

Dass die Hotelpreise in Deutschland im Verhältnis zum europäischen Ausland und auch anderen Ländern weitaus niedriger sind, davon findet sich in der Studie kein Wort. Auch, dass die Hotelausbildung in Deutschland eine der besten Ausbildungen weltweit ist – kein Wort. Vor allem aber nicht, dass die Qualität, die die Deutschen Hotels liefern, im Verhältnis zum Ausland um ein vielfaches besser ist. Auch davon – kein Wort.

Der Gast, der heute bereit ist, €750 die Nacht im Hyatt in Paris zu bezahlen, beschwert sich über seinen Firmenpreis von €180 im Hyatt in Berlin! Das ist nur eines von vielen Beispielen, das zeigt, dass hier etwas an der gesamten Verhältnismässigkeit nicht stimmt. Das sieht ein Blinder, dafür braucht es keine großen empirischen Studien.

Dennoch schaffte es der liebe Herr Professor mit extrem populistischen Worten in die gestrige Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (Seite 20, Wirtschaftsteil) mit dem Titel : „Was macht der Hotelier, wenn man ihm die Steuer schenkt? Er steckt das gesparte Geld in die eigene Tasche.“

Mehrwertsteuer für Übernachtungen

An den gesamten Inhalten der Studie, wie aber auch des Artikels in der FAZ sieht man, dass die akademische Lehre oftmals nichts mit der brutalen Realität des Unternehmertums zu tun. Der Herr Professor (der wahrscheinlich gut dotiert im Schoß des Steuerzahlers sitzt) blendet im Rahmen seiner Studie völlig aus, dass  es mehr denn je um die abgelieferte Qualität eines Hotels geht, um in einem Wettbewerb bestehen zu können. Und das kostet Geld.

Ein so gelehrter Mann kann doch nicht ernsthaft der Meinung sein, dass die damalige Steuerreduzierung maßgeblich die ohnehin schon niedrigen Preise der Hotels in Deutschland weiter senken sollte. Nochmal: Qualität kostet Geld und zieht Investitionen mit sich: Investitionen in Hardware, wie aber auch in Software. Ohne diese Investitionen ist der nachhaltige Erfolg eines Hotels zum Scheitern verurteilt. Die Bewertungsportale im Internet strafen denjenigen ab, der sich nicht um seine Teams und sein Produkt kümmert.

Geld kostet es im Übrigen auch (und zwar immer mehr), die Stromrechnungen, sowie die anderen Nebenkosten zu bezahlen, die sich, wie auch für den Privathaushalt, immer mehr zu einer zweiten Miete entwickeln. Der Kostenblock der Nebenkosten steigt unaufhörlich. Wie soll der Hotelier das auffangen? Durch eine Preisreduzierung? Ebenso steigen die Distributionskosten der Hotellerie ohne Ende. Nutznießer am Ende der Kette: Google. Ein Konzern, der hier in Deutschland kaum Steuern zahlt.

Ebenso berücksichtigt der Professor bei seinen Aussagen nicht, dass sich viele Städte und Kommunen über die „Matratzenmaut aka City-Tax“, Bettensteuer, Kulturabgabe, Tourismusabgabe, etc. einen Teil der Steuer zurückholen wollen. O-Ton eines Bremer Bürgerschaftsabgeordneten: „Der Bund hat die Reduzierung der Umsatzsteuer für Hoteliers beschlossen, wir holen uns das über City-Tax wieder“.

Besonders schade finde ich, dass bei der Studie keine Hotelunternehmer befragt wurden, die Bürgschaften unterschreiben oder Kredite aufnehmen müssen. Diejenigen, die Arbeitsplätze schaffen und viele Teammitglieder haben und somit für deren soziale Absicherung verantwortlich sind. Diejenigen, die sich den ständig neuen Herausforderungen des Marktes und der disruptiven Innovation stellen müssen und die einfach täglich um ihr Überleben kämpfen. Ebenso sollte nicht vergessen werden, dass fast jeder achte Arbeitsplatz in Deutschland mit dem Tourismus in Verbindung gebracht wird.

Nein, lieber Herr Professor, bei allem Respekt für Ihren Werdegang, dieser Artikel und diese Studie disqualifiziert Sie. Es ist reiner Populismus und den haben wir leider in Deutschland zu Genüge. Die Reduzierung der Steuer war niemals nur dazu gedacht, die Preise zu senken. Das gesparte Geld geht wahrlich nicht in die eigene Tasche. Schauen Sie sich einmal an, was die Hotellerie investiert hat! Es muss an dieser Stelle einmal klargestellt werden, denn nur eine nachhaltige Qualität sichert einen nachhaltigen Unternehmenserfolg.

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12 thoughts on “„Setzen, sechs!“ – Ein emeritierter Professor schießt am Beispiel der Mehrwertsteuer für Übernachtungen am Thema vorbei”

  1. In der offiziellen Gesetzesbegründung des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes aus dem Jahr 2009 ging es der Regierung vor allem darum, INVESTITIONEN zu generieren. Die Hoteliers haben es eindrucksvoll getan.

    Und wer sich ein wenig mit der Materie BWL beschäftigt, der hat auch schon mitbekommen, dass man Gewinne nicht in die eigene Taschen stecken kann, sondern diese als z.B. Privathotelier mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland auch hier versteuern darf. Aber auch das darf in einem solchen Artikel natürlich unterschlagen werden.

    Tut mir leid, es grenzt schon an Rufmord an der Branche. Hat die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung diese Art von Journalismus nötig? Oder fehlte dem Chefredakteur die Zeit, den Artikel zu redigieren?

  2. Schon die Datenauswahl, Hotelpreise einfach aus dem Guide Michelin abzuschreiben, ist unwissenschaftlich. Individuelle Preisverhandlungen, Yield Management u.a. werden dabei völlig ausgeblendet.

  3. Zu dem vollkommen blödsinnigen Artikel des Professors will ich mich nicht weiter äußern, wohl aber über das noch blödsinnigere Verhalten unserer lieben Kollegen.
    Ich sehe Frühstücksbuffets für 3 € – 6 € in meiner Umgebung, die früher 15 – 20 € kosteten. All das nur, um noch mehr Steuern zu sparen. Allein für diese kleinkarierte Dämlichkeit müßte die MWST wieder auf 19 %. Man lädt den Gesetzgeber ja gerade dazu ein, über die MWST bei Hotels neu nachzudenken.. Mit selbst werfen Gäste dann vor, daß ich 10 € nehme. Wenn ich dann noch erlebe, daß ich in Starnberg neulich mehrere Sterne Hotels hatte,, die bei Direktbuchung krass teurer waren als bei HRS, weiß ich, daß ich in einer schon reichlich berscheuerten Branche arbeite.
    Wolfgang Schene
    Stadthotel Lünen

  4. Hallo Herr Nussbaum,
    sie sprechen uns aus der Seele. Leider hat der Herr Professor keine Ahnung davon welchem Preiskampf die Hotellerie in Deutschland ausgesetzt ist. Die Rahmenbedingungen verschlechtern sich Jahr für Jahr und es fragt kein Politiker wie die Hotellerie und Gastronomie damit klar kommt. Hier geht der Rufmord an der Branche weiter, erst die Mehrwertsteuer, dann die Mindestlohndebatte – was kommt als nächstes???
    Was soll man seinen Mitarbeitern sagen, wenn sie solche Artikel lesen, einfach bitter wie hier Polemik betrieben wird. Die Branche hat Millionen an Investitionen getätigt die vorher nicht möglich gewesen wären. Das hat dem Reiseland Deutschland sehr gut getan.

    1. Die Mindestlohndebatte hätte man sich ersparen können, indem man seine Mitarbeiter vernünftig bezahlt. für mich ist das selbstverständlich, Der Mindestlohn dürfte für unsere Branche überhaupt kein Thema sein. Jemand unter Mindestlohn zu bezahlen ist eine Schande. Wenn es daran scheitert, muss ich den Laden schliessen.

      *Übrigens, die Rahmenbedingungen verschlechtern sich permanent für fast alle Branchen.
      Da geht es nicht nur um Geld es geht auch um bekloppte EG Gesetze.

      Die MWST Senkung war ein gutes Konjunkturprogramm, da haben wir alle, die da investiert haben und die es ausgeführt haben, profitiert. Darum ging es und das ist passiert.

  5. Hatte ich auch nicht so verstanden, dass die Senkung der Mehrwertsteuer einhergehen sollte mit sinkenden Hotelpreisen. Das wäre, bei steigenden Kosten im Bereich Pacht, Energie, Personal und Vertrieb, auch das Ende jedes Betriebs. Wir stellen fest: Die Hotellerie ist auch für Akademiker ein ziemlich komplexes Themengebiet.

  6. Eigentlich wurde in diesem Blog schon alles gesagt.
    Das die F.A.Z. Sonntagszeitung sich für solchen Populismus hergibt, lässt mich unser Abonnement überdenken! Aber was mich besonders trifft, sind jetzt wieder die Bemerkungen der Hotelgäste nach diesem völlig unqualifizierten Artikel.
    Klar, auch hier gibt es schwarze Schafe, siehe das Beispiel Frühstück für 3 Euro.
    Aber die Mehrheit der Hoteliers hat seit der Steuersenkung Millionen investiert. Geld, welches Handwerkern und Industrie die Aufträge und Arbeitsplätze gesichert hat.
    Und wir dürfen nicht aufhören, das publik zu machen!

  7. Natürlich ist so ein Artikel wie der vom Prof Wagner negativ für die Hotellerie und wird von der Politik natürlich für eine zukünftige Erhöhung aufgegriffen werden.
    Doch ganz Unrecht hat er ja nun wirklich nicht:
    Unsere Verbände haben in der Lobbyarbeit immer von Wettbewerbsnachteilen gegenüber den Nachbarländern gesprochen und niemals über angestrebte höhere Bezahlung der Mitarbeiter oder größere Investitionen, sondern nur über zu hohe UmSt. und eine dadurch bestehende Wettbewerbsverzerrung auf EU-Ebene. (Ich warte immer noch auf eine Rede oder einen Artikel, in dem VOR der MwST.-Senkung von höherer Mitarbeiter-Bezahlung oder größeren Investitionen die Rede ist. Das kam erst NACH der Senkung!)
    In Oldenburg waren wir das einzige Hotel, dass die Preise gesenkt hat und wurden dafür von vielen Kollegen schwer beschimpft)
    So sehr ich Marco Nussbaum schätze, so sehr finde ich, dass er in seinem Artikel über Dinge schreibt, die am Thema völlig vorbei gehen. Alle seine Argumente haben nichts mit der Hotellerie im Speziellen zu tun, sondern könnten aus allen Branchen kommen.

    1. Lieber Herr Diekmann,

      auch Sie sind leider der professoralen Verengung der Diskussion auf den Wettbewerbsparameter „Preis“ auf den Leim gegangen… Nein, die Senkung des Mehrwertsteuersatzes für Beherbergungsleistungen stand nicht in einem „Hotelpreisdumpinggesetz“, sondern im Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom 22.12.2009. Klarer Kontext, klare Ansage.

      Im Übrigen empfehle ich zur Lektüre gegen falsche Legendenbildung, was die Hotellerie sich – und der Öffentlichkeit – von einer Mehrwertsteuersatzsenkung versprochen hat, beispielsweise die IHA-Publikation „Initiative 7% – Mehr Wert, weniger Steuern, mehr Beschäftigung“ aus dem Jahr 2005. Der Titel spricht schon Bände. Es hätten aber auch unsere Auflagen der Jahre 2001, 1999 oder 1997 sein können. Ja, so lange sind wir als Branchenvertreter hier schon ebenso hartnäckig wie mit guten Argumenten am Ball, immer sauber argumentierend. Ein Rundum-Verbände-Bashing ist zwar immer wieder beliebt, aber gänzlich deplatziert.

      Ihr

      Markus Luthe

  8. Setzen , sechs als Headline genial ! Danke lieber Marco

    Wie immer gut geschrieben von dir! Manchmal sollte man keine Veröffentlichung tätigen ohne das nötige Hintergrundwissen dazu! Nett wäre es gewesen, wenn noch jemand aus der Branche hinzugezogen wäre.

    Beste Grüße
    Tem

  9. Der Professor soll sich doch eimal an BASIS umschauen !!! Da gibt es Kleinbetriebe und die können kein Geld in die Tasche stecken. Die leiden unter der Politik und der Macht der Behörden. Hat der Prof. schon eimal was von Schwarz Gastronomie gehört ????
    Da gehen Steuergelder den Bach runter.
    Es ist schon wichtig sich erst eimal zu Informieren, bevor man so einen Ungegohrenen MIST
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