Radisson bläst zum Angriff auf Motel One oder warum ein junges Unternehmen den etablierten Playern das Fürchten lehrt
Als ich die lezte Woche so durch die Wirtschaftswoche (Ausgabe 17) blätterte, sprang mir auf Seite 10 folgende Headline entgegen:
Radisson Hotels: Angriff auf Motel One
Irgendwie musste ich schmunzeln und dachte: „Verkehrte Welt!“ oder aber: „Was heute alles möglich ist.“ Alle Welt redet über die disruptive Innovation von AirbnB, Uber, myTaxi, HotelsTonight, usw. . Aber selbst in einer wirklich klassischen und traditionellen Industrie wie der Hotellerie, gibt es mit Motel One eine disruptive Innovation. Das Unternehmen – gegründet im Jahre 2000 – ist heute der größte Widersacher alt eingesessener Marken wie IBIS, Radisson, Marriott (die sich gerade mit Moxy Hotels probieren) und anderen. Das finde ich spannend und vor allem bewundernswert. In nur kürzester Zeit hat es die Hotelgesellschaft mit den türkisen Farbtupfern geschafft, nicht nur ein ernstzunehmender Player zu werden, sondern ein Benchmark. Alle wollen so sein wie Motel One, alle wollen ein Stück von dem Kuchen abhaben. Die großen Gesellschaften laufen, wie in der Touristik, siehe Artikel von Dirk Bremer, wieder einmal hinterher.
Der Blick über den Tellerrand
Hinterher läuft allerdings auch die Ausbildung in der Hotellerie. Um bei einem Motel One oder bei prizeotel zu arbeiten, braucht man nicht mehr die klassische Hotelausbildung. Da braucht man andere Qualitäten und Kenntnisse, die an den Berufsschulen und in der Ausbildung nicht gelehrt werden – leider. Somit muss sich die Branche nicht wundern, dass sich immer mehr junge Leute gegen eine Ausbildung im Hotelfach entscheiden oder die Ausbildung frühzeitig abbrechen. Das ist aber ein Thema, das ich an anderer Stelle noch einmal erläutern werde.
Erfolgsgeheimnis in türkis
Zurück zu Motel One. Bemerkswert ist, dass sich Architekten und Inneneinrichter überhaupt nicht mehr bei anderen Hotels an der Farbe “türkis” probieren, sondern diese Motel One zugeschrieben wird und somit exklusiv bleibt. Man will nicht verwechselt werden. Geschickt gemacht. Ich frage mich, was von den Münchnern als nächstes kommt, ob die Dominanz gebrochen werden kann. Wenn man mich fragt, dann eher nicht. Motel One hat eine Start-up Mentalität, während die klassischen Konzerne nur probieren, eine weitere Marke zu managen. Marriotts Moxy Hotel-Produkt wirkt auf mich genauso bieder, wie die Mutter und ist am Ende in meinen Augen nur ein weiteres Mini-Marriott ohne Differenzierungsmerkmal. Man wirbt u.a. mit seinem großen Loyalty-Programm und vielen Teilnehmern zur Vermarktung des Produktes.
Was aber geschieht, wenn morgen Expedia ein Loyalty-Programm als Konkurrenz launcht oder wenn gar Airbnb (hat mittlerweile über 600.000 Zimmer im Portfolio) ähnliches tut? Dann werden solche vermeintlichen USPs obsolet.
Zurück zur Start-up Mentalität. Ich glaube einfach, dass dies mittlerweile ein Schlüssel zum Erfolg ist. Keine verstaubten Strukturen, sondern immer wieder traditionelle Dinge in Frage stellen und ggf. neu definieren. Die Halbwertszeit der Dinge, mit denen man in der Vergangenheit erfolgreich war, wird immer kürzer.
Gekommen um zu bleiben
Es gibt kein Rückfahrtticket ins „Früher-war-alles-besser-Land“!
Wer die Herausforderung der heutigen Zeit nicht konsequent annimmt, wird mittelfristig vom Markt verschwinden. Motel One wird es mit Sicherheit nicht sein. Auch wenn viele denken: “Irgendwann verkauft der Müller das schon.” sieht es so aus, als wenn die Marke gebaut wurde, um zu bleiben. Ich bin gespannt, wie es weitergeht und schmunzle über den Artikel in der WiWo, dass ein etablierter Konzern zum Angriff auf ein junges Unternehmen blasen muss. Schöne neue Welt …