Der Hotelvertrieb der Zukunft
Anfang der Woche hatte ich die Gelegenheit, im Rahmen des ersten Corporate Travel Forum von HRS und dem Travel Industry Club an einer Podiumsdiskussion mit Tobias Ragge von HRS teilzunehmen. Moderiert wurde die Veranstaltung von Maria Pütz-Willems von Hospitalitayinside. Die Diskussion stand unter dem Motto: „Zwei Meinungsführer diskutieren über den Hotelvertrieb der Zukunft.“ Ich sehe mich allerdings weniger als Meinungsführer, sondern eher als Privathotelier, der ständig auf der Suche ist, wie er seinen Hotelvertrieb optimieren kann. Denn eines sollte jedem Hotelier klar sein: Die Hotelvertriebskosten nehmen, neben den Personalkosten und den Nebenkosten (Energie, etc…), bereits den drittgrößten Kostenblock in der Hotellerie ein. HRS dagegen ist tatsächlich ein Meinungsführer, der auch Märkte macht und Strategien vorgibt. Zwar hat es sich jeder erhofft, aber zu dem Thema „Fall der Ratenparität und dann?“ hat Tobias Ragge keine Strategie vorgegeben. Ich vermute aber, dass ein Entrepreneur wie er sicherlich einen Plan in der Schublade hat, nur den wollte er an dem Nachmittag nicht mit uns teilen. Vermutlich wird es dann wieder so sein, dass für alle Hoteliers die Ratenparität ganz plötzlich fällt, keiner weiß was er machen soll und HRS gibt die Strategie vor. Mit dem Ergebnis, dass wieder alle HRS bashen. Soviel also zum Thema Meinungsmacher…
Grundsätzlich war es aber sehr spannend zu hören, wie HRS den Hotelvertrieb der Zukunft sieht. Wir haben mit prizeotel in Bremen und auch gerade mit unserem aktuellen Pre-Opening in Hamburg die Erfahrung gemacht, dass die Zeit eines Ansprechpartners, der Hotelbuchungen platziert, komprimierter wird. Immer weniger haben diese Ansprechpartner Lust, sich mit einem „Hotelverkäufer“ (für mich oftmals nur rollende Prospektständer mit Titel ohne Mittel) auseinanderzusetzen. Im Gegenteil, es nervt alle einfach nur, wenn mal wieder jemand vor der Tür steht oder die Verkäufer gerade ein Telefonmarketingseminar besucht haben. Dann rufen alle auf einmal die gleichen Kunden an (da Datenbanken ja gerne mit den Verkäufern wechseln). Ganz spannend ist es für die Ansprechpartner auch, wenn man kontaktiert und mit der Frage konfrontiert wird, ob man denn das Hotel schon kenne, obwohl der Ansprechpartner dort bereits seit Jahren bucht. Big Data lässt grüßen (tolle Präsentation im Übrigen von Otto Lindner jr., wie die Lindner Hotels damit umgehen).
Zurück zu den Ansprechpartnern und HRS. Da also die Ansprechpartner wirklich keine Lust haben, ständig genervt zu werden und Spargeltöpfchen zu empfangen, haben wir den Verkauf eingestellt. Genau das ist es auch, was Tobias Ragge prognostiziert hat: Der lokale Hotelverkauf stirbt aus, sogar der Cluster-Verkauf oder Key-Accountverkauf gehören auch bald dazu. Jedem, der anwesend war, sollten die Alarmglocken klingen, denn was aus dem Hause HRS kommt, war bis dato immer innovativ, Meinungsbildner halt. Ragge sr. hat als Erster Raten und Verfügbarkeiten öffentlich gemacht und ins Internet gestellt. Was sich daraus entwickelt hat, lässt Hoteliers heute noch die Haare ausfallen. Nun sieht es so aus, als wenn HRS sich einmal häuten wird und bewusst den Kampf um die besten Plätze im Internet nicht mit Playern wie booking.com, etc. aufnimmt, sondern sich ganz ruhig und strategisch als Firmenbuchungsportal weiter entwickelt und am Ende etablieren wird. Paymentsolutions, GDS-Anbindungen und die Aussagen bei der Veranstaltung untermauern das alles. Am Ende hat sicherlich nicht jeder Reisende Lust, sich ständig auf eine neue Buchungsroutine einzustellen, um seine Buchung zu platzieren. Was liegt also näher, als ein Portal für viele Hotels zu nutzen? Auch hier spielt Big Data eine Rolle und die Vorzüge für das Travelmanagement mit all diesen Daten ist so immens, da denken viele noch gar nicht dran.
Die Frage ist also: Wie richtige ich mich als Hotelier im zukünftigen Vertrieb aus und was unternehmen wir als Hoteliers? Meines Erachtens hat niemand ein so richtiges Konzept in der Tasche. Die „Low-hanging-fruits“ sind alle gepflückt: Alles, was mit wenig Aufwand zu machen ist, was sich in der Form wieder gespiegelt hat, ist dass man in jedes Portal seine Raten und Verfügbarkeiten eingepflegt hat (wissentlich oder unwissentlich). Nun wird es viel komplizierter, denn wie habe ich so schön gesagt: „Wer nach allen Seiten offen ist, der kann ja nicht ganz dicht sein“. Es ist also Zeit, dass man eine klare Zielgruppenpositionierung hat und sich dann auf eine Vertriebsstrategie committed, die es unterstützt, diese Zielgruppen zu akquirieren bzw. ins Hotel zu bekommen.
Schaue ich mir dann Anzeigenkampagnen aus dem Hause Elysee oder auch so lustige Seiten wie reise10.de an, dann muss man sich doch schon sehr, sehr arg über die mangelnde Professionalität wundern. In meinen Augen ein letzter Versuch, sich Eigenständigkeit zu bewahren, die es in der Form schon lange nicht mehr gibt. Buchungen über das Internet gibt es nur in Verbindung mit Partnern, diese müssen heute ausgewählt sein. Wenn ich keine Partner will, dann will ich auch keine Internetbuchungen. Aber nur mit Flyer verteilen und einer Reservieruungszentrale kann heute keiner mehr überleben.
Die Verkaufsmannschaft wird es bald nicht mehr geben. Ich finde das gar nicht so tragisch, denn die Branche hat sich viel zu lange selbst verwaltet und immer wieder selbst beweihräuchert, aber um eines nicht wirklich gekümmert: Um die Operation, um die Gäste und somit um die Qualität im Hause. Wenn mich jetzt nun ein Partner als Hotelier bei der Distribution unterstützt und dann auch noch meinen Firmenvertrieb für mich, was bleibt dann übrig, wo ich mich als Hotelier „verstecken“ kann? Nichts! Ich muss wieder anfangen, mich um die Qualität im Hause und und meine Gäste zu kümmern. Das geht aber alles nur, wenn ich ein gutes Team habe. Das ist auch der Schlüssel zum Erfolg in der Zukunft. Kriege ich als Hotelier die richtigen Mitarbeiter, um eine Qualität abzuliefern, von der meine Gäste erzählen und die mein Produkt stärkt? Das ist eine der großen Fragen der Zukunft neben dem Hotelvertrieb. Ich bin der Überzeugung, dass heute nur beides gemeinsam gelöst werden kann. Wie aber die Situation mit den Mitarbeitern in der Hotellerie aussieht, dazu werde ich am 17. Oktober 2013 noch einmal sprechen, ich freue mich darauf!
Von dem Vortrag am 17. Oktober gibt es dann hoffentlich auch so eine informative Zusammenfassung 🙂 An dem Tag bin ich nämlich leider zufällig nicht in der Nähe.
Na klar ! Die gesamte Präsentation wird dazu auch noch online gestellt 🙂