ITB I: TripAdvisor? Wow!
Ich weiß, was sie jetzt denken und sie haben recht. In der vergangenen Zeit haben wir desöfteren auf TripAdvisor geschimpft. Aufmerksame Leser dieses Blogs werden jetzt denken: „Moment mal, wieso denn ‚Wow‘?“ Es stimmt natürlich, wir waren in der Vergangenheit mit dem Kundenservice und der Zusammenarbeit mit TripAdvisor mehr als unzufrieden. Auch wenn man sagen muss, dass das Businessmodell von TripAdvisor für Investoren und Internetuser prinzipiell hervorragend ist, gibt es aus der Sicht des Hoteliers ein paar Punkte, die unsere tägliche Arbeit mit TripAdvisor – im Verhältnis zu den anderen Onlineportalen – enorm erschweren. Auf der diesjährigen ITB gab es nun im Rahmen einer Podiumsdiskussion und der anschließenden Gesprächsrunde endlich die Gelegenheit, darüber zu sprechen, zu diskutieren und sich auszutauschen.
1) Die Strategie für das Ranking der Hotels auf der Seite von TripAdvisor ist für uns nicht nachvollziehbar. Somit haben wir leider keine Chance, unsere Arbeitsabläufe so zu optimieren, dass wir in der Reihenfolge der besten Hotels weiter nach oben rücken. Gerade in Bezug darauf, dass unsere Mitarbeiter mit einem Prämiensystem an den Erfolgen des Hotels beteiligt sind, ist dieser Punkt sehr ärgerlich. TripAdvisor hütet diesen Algorithmus, der das Ranking berechnet – wie sie selber sagen – leider genauso, wie Coca Cola das Rezept ihrer Erfolgsbrause. Das Problem ist aber ja: Bei Cola habe ich die Wahl, ob ich diese trinken möchte oder nicht vielleicht doch lieber Wasser oder Pepsi. Bei TripAdvisor habe ich diese Wahl nicht, denn mein Hotel ist da gelistet, ob ich will oder nicht.
2) Wir halten es für ungerecht, dass Bewertungen, die bei dem Reiseveranstalterportal Expedia abgegeben werden, direkt auch auf TripAdvisor erscheinen. Da das prizeotel nicht bei Expedia buchbar ist (wir halten das Merchant-Modell mit 25% – 30% Mark-up für unser Hotelprodukt zu teuer, da uns sonst die Distributionskosten weglaufen), machen es uns diese Bewertungen schwerer, unser Ranking bei TripAdvisor zu verbessern. Das ist für uns ein klarer Wettbewerbsnachteil, wenn wir zwar bei Expedia nicht buchbar sind, die Bewertungen dort aber in die Anzahl der Bewertungen bei TripAdvisor mitaufgenommen werden. Das ist für ein unabhängiges Bewertungsportal wie TripAdvisor nicht fair, wobei sich teilweise sowie die Frage der Unabhängigkeit von TripAdvisor stellt, schließlich ist es ein Tochterunternehmen von Expedia.
3) Um ein besseres Listing zu bekommen, soll heißen mit Homepage und Telefonnummer bei TripAdvisor angezeigt zu werden, wird Geld gefordert. Bei Holidaycheck zum Beispiel ist diese Angabe kostenlos. Ich habe im Vorfeld aber gar nicht die Wahl gehabt, ob ich bei diesem Anbieter mitmachen möchte oder nicht. Um dort besser gelistet zu sein, muss ich aber in die Geldbörse greifen? Aus Sicht des profitorientierten Portals ist das vielleicht nachvollziehbar, für uns aber nicht okay. Der Einzelhotelier mit dem kleinen Marketingbudget ist dadurch doch schwer benachteiligt gegenüber den Hotelketten, die sich dieses Deluxe-Listing bei TripAdvisor leisten können. Dieser Punkt, gepaart mit der Aussage, dass TripAdvisor ein unabhängiges Portal ist, ist für uns ein Gegensatz.
4) Die Reaktionszeit des Kundenservice ist leider viel zu langsam. Teilweise mussten wir bis zu einer Lösung des Problems ja 18 Monate warten. TripAdvisor entschuldigte sich schon auf der ITB dafür (was wir übrigens super finden) und gelobte Besserung. Der perfekte Kundenservice ist bei so einem großen Portal wie TripAdvisor für uns sehr wichtig: Wenn wir Beschwerden haben über negative Bewertungen, die leider nicht der Wahrheit entsprechen oder über Bewertungen von Menschen, die nicht bei uns zu Gast waren, brauchen wir eine schnelle Reaktion. Das ist besonders wichtig für unsere Mitarbeiter, die ein Prämiensystem haben, dass sich an diesen Bewertungen orientiert. Auch zu diesem Thema gab es Gespräche auf der ITB mit TripAdvisor, von denen wir ein tolles Feedback bekommen haben. Wir sind sehr gespannt auf die weitere Zusammenarbeit mit dem Kundenservice.
5) Der Travellers Choice Award von TripAdvisor wird nur an Hotels in größeren deutschen Städten vergeben. Das liegt vielleicht auch daran, dass Hamburg, Berlin oder München die beliebteren und attraktiveren Metropolen sind Das liegt sehr wahrscheinlich auch an der schwachen Vermarktung Bremens durch die hiesige Tourismuszentrale BTZ. Bei TripAdvisor ist es aber auch so, dass Hotels mit wenigen Bewertungen auch einen einen niedrigeren Weiterempfehlungsdurchschnitt haben und deswegen die Chance relativ gering ist, diesen Travellers Choice Award zu gewinnen. Besonders schade wieder für die Mitarbeiter des prizeotel, denn im Prämiensystem wäre für den Gewinn dieses Preises ein halbes Monatsgehalt ausgeschrieben.
Wir hatten wirklich einen tollen Dialog zu den oben angebrachten Punkten mit den Ansprechpartnern von TripAdvisor und man hat uns bei der ITB versichert, dass sie zu allen vorgetragenen Punkten Stellung nehmen werden und uns eine Rückmeldung geben. In den kommenden 14 Tagen gibt es außerdem eine Telefonkonferenz zu diesen Themen. Das freut uns natürlich sehr, wenn der Dialog nicht auf der ITB endet, sondern wir weiterhin daran arbeiten können, unsere Zusammenarbeit zu optimieren. Das kann schließlich nur im Interesse aller Hoteliers sein.
Die Podiumsdiskussion hat uns im übrigens nochmals gezeigt, dass es in der Hotellerie noch viel Aufklärungsbedarf und Halbwissen im Bereich des Internet-Marketings gibt. Viele Hoteliers sind einfach nicht Herr über Ihre Raten und Ihren Content. Keiner weiß so richtig, wo man überall gelistet und buchbar ist, wie das zusammenhängt und was das kostet. Dazu noch der Umgang mit Bewertungsportalen und Social-Media. Der Wandel ist heute einfach, sehr, sehr schnell und es ist verdammt schwer, dort mitzukommen. Und weil das so spannend ist, schreibe ich gerade an einem Buch, was noch in diesem Jahr erscheinen wird, Titel: Der virale Effekt – Aufbau einer Marke durch virtuelle Mundpropaganda.
In den kommenden Tagen gibt es hier im Blog noch mehr über die ITB 2011 zu lesen. Es lohnt sich also, mal wieder reinzuklicken.